Beispiele für Mediation
Vorwort:
Grundsätzlich wird in gerichtlichen Verfahren um Rechtspositionen, z.B. um das Eigentum an einer
Sache gestritten, um dann die Sache zu verwerten. Das mit der Sache geplante Vorhaben bleibt außen vor.
Das bedeutet, die Interessen, wegen derer die Parteien jeweils gern die Sache zu Eigentum hätten, werden
nicht berücksichtigt. In der Mediation wird gerade das jeweilige Interesse der Beteiligten an einer Sache
herausgearbeitet, unabhängig von den Rechtspositionen, um auf der Interessenbasis zu einer Lösung zu kommen.
Urteile geben ein "Alles oder nichts". Sachgerechte sich aufdrängende Lösungen, die keine Rechtsgrundlage
haben, können nicht per Urteil festgelegt werden, weil das Ergebnis nur ein "entweder oder" ist. Im Wege
einer Mediation lassen sich interessengerechte Lösungen finden.
Um die Vorteile des Mediationsverfahrens zu verdeutlichen, hier einige Beispiele aus der Praxis:
Beispiel 1
Ein Produzent benötigt Avocados, weil er das Fett verarbeiten will. Ein anderer Produzent benötigt
Avocados, weil er die Schale unbedingt verarbeiten will. Es entsteht Streit, wer einem Avocado-Anbauer
die Ernte letztlich rechtswirksam abgekauft hat.
Ein Urteil kann nur einer der Parteien die Avocados zusprechen.
Eine Mediation führt dazu, dass die Interessen aufgedeckt werden und die Beteiligten sich so
einigen, dass eine Partei das Fett, die andere die Schale erhält. Jeder hat sein Ziel erreicht.
⇒ Niemand ist Verlierer, beide sind Gewinner.
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Beispiel 2
Zwei Söhne streiten sich um das Erbe nach ihrem Vater. Der Nachlaß besteht im Wesentlichen aus einer Spedition. Der eine Sohn ist im Export nach Italien
tätig. Der andere Sohn ist im Import aus Italien tätig. Beide sind auf eigene Fuhrparks angewiesen.
In einem Rechtsstreit kann nur einem der Söhne das Erbe an der LKW-Flotte zugesprochen werden.
In einem Mediationsverfahren stellt sich heraus, daß sich die Interessen der beiden decken.
Sie gründen ein Joint-Venture-Unternehmen und nutzen die LKW gemeinsam. Jeder kann mit der Hälfte der
vorher gedachten Transportkosten zukünftig kalkulieren.
Ein Erbstreit mit ungewissem Ausgang muß nicht geführt werden.
⇒ Niemand ist Verlierer, beide sind Gewinner.
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Beispiel 3
Ein Scheidungsverfahren wurde durchgezogen. Die geschiedenen Eheleute sind gemeinsam Eigentümer eines Ferienhauses in den Bergen.
Jede Partei beansprucht das Eigentum für sich. Eine Teilungsversteigerung droht, die zu einem großen finanziellen Verlust führt.
Im Wege der Mediation stellt sich heraus, daß der Ehemann gerne Ski läuft, die Ehefrau im Sommer gerne Bergwanderungen unternimmt.
Die Kinder der Parteien haben das Ferienhaus ebenfalls lieb gewonnen.
Im Wege der Mediation wird das Eigentum an dem Grundstück den Kindern überschrieben. Die Eltern erhalten ein Nießbrauchsrecht.
Untereinander verständigen sich die Eltern, daß der Vater das alleinige Nutzungsrecht vom 01.11. bis 30.04. und die Mutter vom 01.05. bis 31.10. hat.
Die Kinder können mit jedem Elternteil dort ihre Ferien verbringen.
Jede Partei hat ihr Interesse gewahrt.
⇒ Niemand ist Verlierer, beide sind Gewinner.
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Beispiel 4
Zwischen Nachbarn besteht Streit über das Eigentum an einem bislang nicht im Grundbuch verzeichneten Weg.
Eine Partei benötigt den Weg, um zu ihrem Grundstück zu kommen, die andere Partei benötigt den Weg, um ihr Grundstück an die öffentlichen Ver- und Entsorgungsleitungen anzuschließen.
Ein Rechtstreit, der tief in die Geschichte des Grundstücks zurückführt, kann im Ergebnis dazu führen, daß das
alleinige Eigentum und Nutzungsrecht an dem Weg nur einer Partei zugesprochen wird. Die andere wäre dann von der
sachgemäßen Nutzung ihres Grundstücks ausgeschlossen.
Die Mediation ermöglicht, daß die Parteien sich auf gemeinsames Eigentum unter Festlegung der jeweiligen Nutzung
oder auf alleiniges Eigentum einer Partei unter festgelegten Mitnutzungsrechten und der Verpflichtung zur Tragung
anteiliger Kosten durch die andere Partei verständigen.
Jede Partei hat ihr Interesse gewahrt.
⇒ Niemand ist Verlierer, beide sind Gewinner.
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